Gedanken über Gesellschaft

1. Fingernägel: Ich nenne es „Das Fingernagel-Phänomen“.

Wie kommt es, dass hauptsächlich Kassiererinnen gemachte Fingernägel haben?? Also, solche mit Glitzer und Blumen und viel Gel, was insgesamt einfach teuer ist? Wieso leistet man sich als Kassiererin so was, was irgendwie einfach hässlich ist?? Und warum hat keine Hautärztin solche Nägel? Klar, man muss Instrumente anfassen und muss im besten Fall sterile Hände haben, wo sich keine braune Schicht unter´m Nagelrand bildet. Und auch klar, dass es sich als Kassiererin einfach cool anhört, wie die langen Nägel auf der Kassentastatur klappern. Aber warum die Farbe und das Glitzer?? Kann mir nur als Kombination aus beiden (also Farbe und Glitzer) die Erklärung herleiten, dass die auf einen „Flitzer“ warten…

2. Weichspüler: In Bus und Bahn und Aufzug. Manchmal kommt man Menschen einfach nahe. Und recht viele riechen nach Weichspüler. Dabei ist mir aufgefallen, dass tendenziell die Menschen, die weniger Geld haben, mehr Weichspüler benutzen. Das klingt sehr pauschal (kann man den anziehen, den Pau-Schal?), aber ich habe vorsichtshalber einmal drei Theorien dazu entwickelt:

a) Die Mütter wollen mit ihrer guten und glatten Wäsche über ihren gesellschaftlichen Stand hinwegtäuschen.

b) Diese Familien fallen mehr auf Werbung herein und es ist für sie daher vermeintlich unerlässlich, Weichspüler zu benutzen.

c) Sie waschen ausschließlich mit Weichspüler und nicht mit herkömmlichen Waschmitteln, weil das billiger ist.

3.  gebrochene Zehen: Ich glaube, alle Menschen haben gebrochen Fußzehen. Man kann gar nichts dagegen tun. Schienen ist Unsinn, die wachsen auch irgendwie wieder zusammen. Man kann mit gebrochenen Zehen gut leben. Und das tun wir. Jeder. Wenn Sie mal wieder irgendein Vorstellungsgespräch haben, versuchen Sie es doch statt der „Vorgesetzte-in-langer-Unterhose-Vorstellung“ mit dem „Du-hast-gebrochene-Fußzehen-Bild“! Mal was Neues…

4. Käsfüße: Ich hab einmal gelesen, dass man, wenn man seine nackten Fußsohlen mit Zwiebeln einreibt, den Geschmack nach etwa einer halben Stunde im Mund, also auf der Zunge hat. Das ist ganz schön abgefahren! Aber, was ich mir überlegt habe: Ganz schön problematisch, wenn man ein Typ mit Käsefüßen ist….!

5. Stress-Pinkler: Meines Erachtens sind Schnell-Pinkler schlechte Menschen. Ich ertappe mich regelmäßig dabei, in nervöse und aggressive Wallungen zu kommen, wenn jemand in der Toilettenkabine neben mir so schnell es geht pinkelt, dann schon während des Strahlgeräuschs Klopapier gestresst abreißt, zusammenknüllt (!) und sich etwa eine Viertelsekunde lang abtupft, nur um anschließend die Klospülung hastigst zu drücken, aus der Kabine rauszustürmen und kurz die Hände unter dem Wasserhahn zu befeuchten. Also, Leute, Frauen vor allem (das krieg ich ja nur in der Damentoilette mit): Entschleunigt mal ein bisschen!! Ich werd ganz hibbelig bei dem Stress! Und mir ist immer schon anhand der Geräusche aus der Nebenkabine klar, dass ich die jeweilige Stressperson nicht leiden kann… Vielleicht ist das ein ganz guter Trick: Teste und bewerte deine Mitmenschen aufgrund ihrer Pinkelart…

6. Weinprobe: Es gibt dort gute Tropfen. Wassertropfen, Weintropfen, Kein Hopfen. Tröpfchen-Infektion, falls jemand krank ist. Jedenfalls kriegt jeder mehrere Gläser mit Wein, welchen man dann in Wein-Näpfe spucken darf. Dazu Brot zur besseren Verträglichkeit im Magen. Und Wasser, um den Geschmack zwischen den Gläschen zu neutralisieren.Wenn man es genau bedenkt, ist eine Weinprobe also ein hartes Extrem: die Verbindung von Kerker und Königsthron, denn es gibt zum wohligen und sündigen Gaumennass nur Wasser und Brot…

7. Punk-Schminke: Punk-Frauen haben eigentlich immer (ich pauschaliere hier gerne) zerlaufene schwarze Schminke unter den Augen. Warum? Mehrere Erklärungen meinerseits:

a) Sie schminken sich eben extra mit dem Smokey-Eyes-Look, um verrucht und punkig auszusehen.

b) Sie schmuggeln unter der Kajal-Schicht Codes an andere Punks.

b) Sie schminken sich einfach nicht ab (mangels Geld, um das Vorurteil noch zu erweitern) und deshalb verwischt die Schminke beim Schlafen

c) Sie weinen viel (weil sie ein so schweres Leben haben?)

d) Punk-Frauen schwitzen oft (Drogen!?) und deshalb zerläuft die Schminke in dem Salz-Wasser-Gemisch.

8. Behinderten-Toiletten: Heute war ich auf einer Behinderten-Toilette. Es war die einzige freie. Alle haben mich seltsam angesehen. Da dachte ich bei mir: Haben die Behinderten eigentlich ein Recht auf Nicht-Schlange-Stehen oder ist eine Behinderten-Toilette nicht einfach eine bauliche Abart, damit Rollstühle etc. da reinpassen…? Habe mich für letzteres entschieden und mich gut damit gefühlt. Auch ein Behinderter muss anstehen können…

9. Hat die Sonne Einfluss auf das menschliche Temperament? Im Vergleich geht es im südlichen Europa lauter, hektischer und krimineller zu als im Norden. Die Leute sind aber auch lustiger und gelassener – „laissez-faire“. Woran liegt das? Ist es der Temperaturunterschied, die Sonnenstunden? Hat nicht schon Albert Camus in seinem „l´Etranger“ einen Mann einen Mord begehen lassen, weil ihn die Sonne stach….? Ist die Sonne nicht aber schon seit jeher etwas Gutes? Warum verwirrt sie dann den Menschen und beeinflusst ihn eher negativ? Oder ist laut, hektisch, kriminell positiv? Zieht es die Kriminellen in den Süden,weil sie eh heimatlos sind und es sich unter freiem Himmel besser schläft, wenn es warm ist? Und weil die Touristen, die man ausrauben kann, eher in die warmen Regionen zum Urlaubmachen fahren?

10. die Theorie des schönsten Mannes im Raum… (bzw. vielleicht ist diese Theorie ja unisex. Bitte um Rückmeldung.) Egal, wo man sich befindet, Hauptsache übersichtliche Menschengruppe, z.B. im Wartezimmer beim Zahnarzt, im Fortbildungsseminar, auf Klassenfahrt, in einem Bus oder Flugzeug sucht man sich ein „Opfer“, das angeflirtet oder zumindest ins Auge gefasst wird. Man schaut sich unwillkürlich nach dem „schönsten Mann im Raum“ um und wird immer fündig. Problematisch wird das nur, wenn man den Raum verlässt, denn dann ändern sich die Verhältnisse, sodass der ehemals schönste Mann jetzt nur noch relativ schön ist. Man hat einen größeren, anderen oder einfach neuen Raum gefunden…

11. Der Glaube an den Lotto-Gott: weitverbreitet und nicht zu bremsen. Es scheint, als müssten die Menschen sich wie im Mittelalter flüchten vor dem Irdischen, was schrecklich zu sein scheint. Gebeutelt und belastet vom Alltag, von der Arbeit, von den Mitmenschen wirkt das große Geld als transzendentale Lösung. Als Erlösung gar von allem Leid. Frage 1: Ist das Leben so schlimm? Frage 2: Wird man durch Geld glücklicher??

12. Nur 4 Pullis:

„Ich habe nur 4 Pullis“, hat mir neulich jemand erzählt. Er findet das nicht schlimm. Aber schon, dass er darüber nachdenkt, ob andere das bemerken, macht mir klar, wie sehr wir fremdbestimmt sind – obwohl genau das keiner will.
Ich selbst denke jeden Morgen darüber nach, was ich anziehen möchte. Und leider nicht nur das: Ich denke auch, was sieht – für andere – gut aus? Ich will meiner Umwelt ja auch irgendwie gefallen. Und nicht getuschelt hören: „Den Pulli hatte die gestern schon an..“

Keiner von uns ist frei von Einflüssen, denn wir sind immer umgeben von anderen, die uns beeinflussen; bewusst oder unbewusst. In der Uni, im Job, in der Bahn laufen einem jeden Tag perfekt gestylte Menschen über den Weg. Es gibt aber genauso die perfekt anti-Gestylten. Und die grauen Mäuschen. Jeder ordnet sich doch grob einer Richtung zu – und so ziehen wir uns an. Man strahlt etwas aus mit seinem Outfit oder seinem Nicht-Outfit. Und man stößt auf Sympathie damit bei den jeweils passenden Leuten.
Gestern hab ich beobachtet, wie eine Gruppe junger Typen einem vorbeischlendernden Mädchen hinterglotzten. Normales Verhalten. Aber für mich persönlich war dieses Mädchen überhaupt nicht hübsch und anglotzenswert! Also gut, sie hatte einen recht kurzen Rock an, lange Haare, Ohrringe. Aber alles an ihr sah unecht, glitzernd und überschminkt aus. So einer würde ich auch in Männerhaut keinen Blick schenken. Dafür haben die Jungs mich in Jeans und mit Pferdeschwanz (einzige Schminke Abdeckstift und Wimperntusche) keines Blickes gewürdigt. Nur: das war überhaupt nicht schlimm! Denn genau diese Jungs wären für mich eh uninteressant; gerade weil das andere Mädchen sie reizt, spielen wir in einer anderen Liga. Verrückt. Und es gibt bestimmt Ausnahmeerscheinungen, aber grundsätzlich beschleicht mich der Gedanke, dass wir alle durch unsere Klamotten zu klassifizieren sind.

Erkenntnis Nummer 1: Wahrscheinlich würde sich niemand drum kümmern, wenn ich meinen Pulli zweimal anhätte…
Zweitens: Mir selbst fällt aber schon auf, was jemand oft trägt…
Drittens:  Jeder sollte anziehen, was er möchte. Und niemand darf urteilen!
Viertens: Als wäre jemand, der seinen Pulli nur alle zwei Tage wechselt, ein schlechterer Mensch!
Letzte Erkenntnis: Ich nehme mich viel zu wichtig.

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