Interview – Frauen mit Job nebem dem Job. Part 2: Fenn

(veröffentlicht in der finanzielle vom 02/21)

„Macherin“

Einleitung
Fenn (48 Jahre) ist aus einem besonderem Stoff: Sie ist voller Energie, umtriebig und stets am Werkeln. Daher ist es für sie auch keine Kunst, zwei vermeintliche Vollzeitjobs unter einen Hut zu bekommen: Sie ist Krankenschwester und hat einen eigenen Laden für Handgemachtes aus Stoff: fenns-manufaktur.de

1. Was ich mache:
Ich habe vor mittlerweile 7 Jahren zusammen mit meinem Mann einen Laden eröffnet, in dem ich Handgemachtes für Groß und Klein verkaufe. Es gibt dort von Kinderklamotten über Hundehalsbänder, Spieluhren bis Handysleeves und Umhängetaschen sowie verschiedene Accessoires alles auf Anfrage auch individualisiert. Die Besonderheit meiner Produkte sind die außergewöhnlichen und hochwertigen Stoffe, auf deren Suche ich viel Zeit verwende. Das Laden-Maskottchen ist das Filz-Monster geworden – eines der ersten Produkte, die ich überhaupt entworfen hatte. So hat es nämlich angefangen: mit Filz und einer Freundin, die mir bei sich im Laden Platz zum Ausstellen geschaffen hat. Zuerst hieß mein Label auch „Fenns Filz“; das „Filz“ ist dann bei der Ladeneröffnung durch die Erweiterung des Portfolios weggefallen. Mein Mann war mitten in der Nacht wach geworden und hatte diesen Namen im Kopf. Wir waren gleich Feuer und Flamme.
Wenn ich in der Früh- oder Spätschicht im Krankenhaus bin, steht mein Mann im Laden und verkauft die Produkte. Thore hatte zum Zeitpunkt der Ladengründung keine feste Anstellung – was für uns perfekt war: So wurde er vom Zerspanungsmechaniker über Musiker zum Verkäufer. Er ist außerdem mein interner Qualitätsmanager, der schiefe Nähte oder Ösen aufspürt. Kinder haben wir keine; der Laden ist unser „Baby“.

2. Was ich mitbringen muss:
Ich bin ein kreativer Unruhegeist, immer mit etwas beschäftigt und furchtlos, was neue Projekte betrifft. Handwerklich bin ich sehr geschickt. Vor elf Jahren habe ich hobbymäßig mit den Nadelarbeiten angefangen. Seitdem nähe ich eigentlich immer etwas oder bin anderweitig mit meinen Händen aktiv: Ich filze, stanze, entwerfe oder schneide im Zug, vor dem Fernseher, in meinem Nähstübchen, im Laden. Dafür habe ich mittlerweile auch vier Nähmaschinen, einen professionellen Stanzer und anderes Equipment, das ich nach und nach angeschafft habe und das alles qualitativ sehr hochwertig ist.
Mein Mann war zuerst von der Idee eines eigenen Ladens gar nicht begeistert. Wir wollten keinesfalls einen Kredit aufnehmen! Als aber meine Eltern sich hinter mich stellten und auch einige Freunde ihre Hilfe anboten, zogen wir es durch: Über Bekannte konnten wir die zentral gelegenen Räumlichkeiten anmieten, Freunde halfen beim Renovieren, beim Einzug, bei der Werbung.

3. Was ich verdiene:
Was ich mit dem Laden verdiene, lässt sich gar nicht so pauschal sagen. Im Schnitt nehme ich täglich etwa 100 Euro ein. Kein Tag ist da gleich. In sieben Jahren habe ich nur an zwei Tagen gar nichts verkauft. Meinem Mann zahle ich ein Gehalt, denn er ist quasi bei mir angestellt und hat als Musiker im Moment keinen eigenen anderen Verdienst. Im Krankenhaus habe ich die Stunden auf 70 % reduziert, sodass ich auch im Laden sein, verkaufen und Neues produzieren kann. Von dem Verdienst als Krankenschwester kann aber eine zweiköpfige Familie nicht leben; wir sind auf die schwankenden Einnahmen aus dem Laden angewiesen.
Lange Zeit ist gar nicht wirklich etwas hängen geblieben, weil ich das meiste Geld wieder in den Kauf von schönen Stoffen und anderem Equipment gesteckt habe. Mittlerweile weiß ich jedoch, wie ich geschickt über die Großhändler an gute Waren komme. Meine Ausstattung ansonsten ist mittlerweile komplett, sodass ich nicht zeitnah neues Werkzeug anschaffen muss. Bloß die Nähmaschinen müssen regelmäßig gewartet werden – einen Ausfall kann ich mir da nicht erlauben.

4. Wie es weitergeht:
Wir streben das zehnjährige Jubiläum des Ladens an. Da gibt es ein großes Fest und ich hoffe, bis dahin noch viel Freude mit meinen Produkten in die Welt zu bringen. Ich bin offen, was kommt, und kann mir auch noh ganz andere Sachen vorstellen – zum Beispiel in die Shiatsu-Praxis meiner Mama einzusteigen. Die Ausbildung dazu habe ich schon absolviert. Im Krankenhaus will ich aber keinesfalls aufhören – ich brauche die Atmosphäre dort. Schon seit 31 Jahren bin ich mit Leib und Seele Krankenschwester. Irgendetwas wird kommen, da bin ich zuversichtlich. Stillstand ist absolut nichts für mich! Was jedoch sicher ist: wir wollen beizeiten einen Hund anschaffen und noch viele, viele Jahre die Nähmaschine am Rattern lassen.

5. Was es mir bringt:
Mein Laden verschafft mir ganz viel Ausgleich zu meinem oft stressigen Job im Krankenhaus. Ich umgebe mich gerne mit schönen Stoffen, erschaffe dauernd neue Dinge und werde besser in dem, was ich tue. Ich brauche Projekte – kleine und große. Ich bin eine Macherin und immer in Aktion. Oft verschwimmt die Grenze von Hobby zu Beruf, denn ich „arbeite“ wirklich gerne im „Fenns“. Wenn meine Hände etwas zu tun haben, entspannt sich sofort mein Kopf. Wenn dann jemand in den Laden kommt und mich um Rat fragt, wie er oder sie selbst etwas nähen kann, freue ich mich, Kreativität auszutauschen. Man begegnet hier immer wieder sehr netten Leuten. Außerdem habe ich allgemein große Freude am Freudemachen: Wenn ich durch meine Produkte ein Lächeln in die Welt zaubern kann, geht es mir gut! Vielleicht ist das auch das verbindende Element zu meinem Hauptjob in der Pflege.

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